Freitag, 28. Januar 2011

Dieter Vieweger, Streit um das Heilige Land

Wieder einmal hat sich ein US-amerikanischer Präsident an der Lösung des Nahostkonfliktes versucht und ist damit formidable gescheitert. Gegen den Willen der israelischen Regierung und ihrer Unterstützer in den USA scheint selbst die einzige Supermacht machtlos zu sein, von der europäischen „Weltmacht“ gar nicht zu reden. Es scheint als sei der Konflikt „unlösbar“ und müsse ad infinitum weitergehen. Die gerade veröffentlichten „Palestine papers“ zeigen, dass Israel an einem „Frieden“ nur zu seinen Bedingungen bereit ist. Solange die Palästinenser nicht auf jeden Anspruch verzichten, wird Israel keine Kompromisse machen. Für Israel wäre es am besten, die Palästinenser packen ihre Koffer und machten sich auf den Weg nach Jordanien, dann hätte der Zionismus sein Ziel erreicht und der „ewige Friede“ könnte endlich durch die israelische „Einstaatenlösung“ ausbrechen.

Mit großer Gründlichkeit bearbeitet der Anthropologe und protestantische Theologe Dieter Vieweger einen seit über 120 Jahre währenden Konflikt um Palästina. Die Kombination beider Fachgebiete trägt zu einem vertieften Verständnis eines Konfliktes bei, der zu oft von Klischees dominiert wird. Der Autor betont, dass besonders in Jerusalem jüdische, christliche und muslimische Traditionslinien kulminieren. Diese Sichtweise scheint sich aber unter der rechtsnationalistischen israelischen Regierung noch nicht durchgesetzt zu haben.

Der Autor misst der Religion einen viel zu großen Stellenwert bei. Beim Nahostkonflikt handelt es sich um einen Kolonialkonflikt, bei dem es ausschließlich um das Land Palästina geht. Die religiöse Verbrämung seitens der religiösen Fundamentalisten in Israel erfolgte erst nach dem Sechs-Tage-Krieg von 1967. Auf der palästinensischen Seite erhebt die Hamas ebenso einen religiösen Anspruch auf ganz Palästina. Durch die zionistische Kolonisierung, die bar jeder religiösen Begründung erfolgte, wird den ursprünglichen Bewohnern Palästinas ihre Existenz- und Lebensgrundlage peu à peu entzogen. Dieser Prozess dauert bis heute an. Abgesehen von seinem jüdisch-christlichen Bias, die palästinensische Seite kommt viel zu kurz weg, ist das Buch durch seine historischen und kartographischen Illustrationen gut gelungen.

Erschienen hier.