Mittwoch, 12. Februar 2014

Schulz-Rede vor der Knesset: „Eklat“ und „Tumult“

Netanyahu und Schulz in der Knesset.
Die Rede des Präsidenten des Europäischen Parlaments, Dr. h. c. Martin Schulz, hat zu einem Eklat und Tumulten in der Knesset geführt, die von Rechtsnationalisten und Extremisten der Siedlerpartei „Jüdisches Heim“ inszeniert worden sind. Schulz hatte eigentlich nur Selbstverständlichkeiten wie zum Beispiel den höheren Wasserverbrauch der Siedler gegenüber den Palästinensern in den von Israel besetzten Gebieten erwähnt. (Das Verhältnis beträgt 4:1). Auch dass die Siedlungen vom Standpunkt des Völkerrechts illegal sind, weiß heute fast jedes Kind. Ebenfalls besitzt die Erwähnung der Blockade des Gaza-Streifens durch das israelische Besatzungsregime keinen Neuigkeitswert mehr.

Obwohl Schulz die gesamte bundesrepublikanische Politiker-Rhetorik abgespult und eine extrem pro-israelische Rede gehalten hatte, die keiner der "Israel-Senatoren" aus den USA besser hätte halten können, forderte Siedler-„Minister“ Naftali Bennett, der als Wirtschaftsminister in Netanyahus Kabinett fungiert, von Schulz sogar eine Entschuldigung, für „Lügen“, die er angeblich verbreitet habe. Er habe eine „Moralpredigt auf Deutsch“ gehalten. Seit wann muss sich ein EU-Parlamentspräsident für die Aufzählung von Fakten entschuldigen? Schulz hatte in seiner Rede auch eine größere Offenheit für Kritik aus Europa an Israel gefordert. Warum eigentlich? Von Seiten der EU und einiger Mitgliedstaaten wird viel zu wenig Kritik an der brutalen israelischen Besatzungspolitik geübt. Um Erlaubnis, Kritik üben zu dürfen, fragt man nicht, sondern man übt sie, wenn sie angebracht erscheint, und dies ist bei der Politik der israelischen Regierung immer der Fall. Schulz sollte die Kritik der rechten Nationalisten nicht zu ernst nehmen, wurde ihm doch Stunden zuvor von der Hebräischen Universität in Jerusalem ein Doktor honoris causa verliehen!

In Kürze finden Regierungskonsultationen zwischen der deutschen und der israelischen Regierung in Jerusalem statt. Worüber soll mit solch einer nationalistischen Regierung „konsultiert“ werden? Die SPD-Minister sollten schon aus Solidarität mit ihrem Genossen und Spitzenkandidaten für die Europawahlen, Martin Schulz, Solidarität übern und an dieser Regierungskonsultation nicht teilnehmen. Dazu dürfte jedoch die Zivilcourage der Genossen nicht reichen, da bereits Sigmar Gabriel, als er im März 2012 Palästina bereiste und sein Entsetzen über die „Apartheid-Zustände“ in den besetzten Gebieten öffentlich geäußert hatte, Abbitte beim Zentralrat leisten musste. 

Martin Schulz sollte wenigsten seinen politischen Einfluss geltend machen, dass seitens der EU Produkte aus den Siedlungen gekennzeichnet werden müssen. Auch sollte die EU über eine Aussetzung des Präferenzabkommens, das Israel quasi den Status eines EU-Mitglieds zugesteht, nachdenken, solange die völkerrechtswidrige Besatzung palästinensischen Landes und die Verletzung der Menschenrechte  andauern. Gemäß den hochtrabenden Prinzipien der EU hätte dies schon lange geschehen müssen. Aber in Sachen Polit-Rhetorik und Glaubwürdigkeit ist das „Marionettenparlament“, wie es kürzlich von einem „Experten“ in Sachen EU tituliert worden ist, einsame Spitze.