Dienstag, 20. Mai 2014

Europawahl 2014: Für ein Europa des Geldes und nicht der Menschen

Ein Europa des Geldes und der Konzerne, aber nicht der Menschen.
Wer denkt, bei den Wahlen zum Europaparlament am 25. Mai 2014 ginge es um einen demokratischen Akt der Bürger oder gar um das Schicksal derselben, sollte sich schleunigst von dieser Illusion verabschieden. Bei diesen Wahlen geht es um ein Europa des Geldes, der Banken und der Konzerne, aber nicht um ein Europa der Menschen.

Ein gutes Beispiel für diese These ist der amtierende EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, der zwar mit dem Slogan „Ein Europa der Menschen. Nicht des Geldes“ wirbt, ganz nebenbei aber ein "Tagegeld" von 110 000 Euro pro Jahr zu seinem üppigen Gehalt von 200 000 Euro einstreicht. Wie das ARD-Magazin „Report“ aus Mainz am 29. April herausfand, erhielt Schulz ein "Tagegeld" von 304 Euro an 365 Tagen im Jahr, egal wo er sich gerade tummelt. 

Die Wahlen zum Europäischen Parlament sind in jeder Hinsicht ein Etikettenschwindel. Sie sind nicht demokratisch, weil jedes Land nach seinen eigenen Wahlgesetzen abstimmt. In seinem letzten Urteil hat das Bundesverfassungsgericht nicht nur die Drei-Prozent-Hürde gekippt, sondern auch festgestellt, dass es sich beim Europaparlament um kein Parlament im klassischen Sinne handelt, weil ihm die demokratische Legitimation fehle. Das „Rennen“ zwischen den „Spitzenkandidaten“ ist weder ein Rennen noch ist es offen, weil nicht im EU-Parlament, sondern andernorts die Entscheidungen fallen wie zum Beispiel im Kanzleramt oder im Élysée-Palast. Die Wählerinnen und Wähler jedenfalls haben in Sachen „Kommissionspräsident“ nichts zu entscheiden. 

Reinhard Pauling, Professor für Öffentliches Recht und Rechtspolitik in Tiflis und an der Universität Würzburg, bezeichnet daher das EU-Wahlrecht als einen „Treppenwitz“. „One Man, One Vote“ komme nicht zum Zuge, weil das Wahlrecht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Das EU-Parlament sei nur eine Versammlung von Repräsentanten verschiedener Völker, die durch einen Vertrag miteinander verbunden seien. 

Auch die so genannte erste Direktwahl von Spitzenkandidaten ist bloße Augenwischerei, weil auf den Stimmzetteln die Namen der „Spitzenkandidaten“ nicht auftauchen, sondern nur Parteien gewählt werden. Darüber hinaus wird der zukünftige Kommissionspräsident von den Staats- und Regierungschefs ausgesucht und dem EU-Parlament vorgeschlagen, das zustimmen oder ablehnen kann. Es ist daher nicht ausgemacht, dass einer der beiden „Spitzenkandidaten“ auch Kommissionspräsident wird. Die Posten-Kungelei beginnt am Tag nach der Europawahl. 

Dass Dilemma der EU besteht bis heute in ihrer nicht vorhandenen europäischen Identität. Die Identität der Völker Europas speist sich aus ihrer jeweiligen Geschichte, die in der Form von Nationalstaaten ihre Ausdrucksform gefunden hat. Wer diese abschaffen will, zerstört auch noch den letzten Rest von Identität, die nur in der Vielheit liegen kann. Gerne bringt man den Vergleich mit den Vereinigten Staaten von Amerika. Aber „E pluribus unum“ hat nichts mit der Vielfalt der europäischen Nationalstaaten zu tun. Die einzige Quelle „europäischer Identität“ stellt der 100 000 Seiten umfassende „Acquis Communautaire“ dar. Das Problem besteht jedoch darin, dass dieses bürokratische Monster nur die Identitätskrisen der Berufseuropäer lösen kann. 

Seit dem Ausbruch der Finanzkrise hat das Unbehagen der Bürger am europäischen Absolutismus erheblich zugenommen. Die Ablehnung der EU samt ihrer Nomenklatura ist mit Händen zu greifen und wird sich bei den Wahlen am 25. Mai in massivem Protest äußern. Das EU-Parlament könnte sich zu einem politischen Tollhaus entwickeln, wenn die Umfragen nicht trügen. Ob dann die EU noch zu retten ist, wird sich zeigen. Europa jedenfalls ist es wert, gegen seine Kritiker verteidigt zu werden.